Die Ehe wird hochgeschätzt. Sie ist eine reizende Verbindung, die möglichst lange dauern sollte. Das Gelingen wächst mit der Anzahl der Jahre. Der Vertrag ist erfüllt mit dem Tod. Was für eine Idee! Vor einigen Jahren bin ich einem getrauten Paar begegnet. Sechzig Jahre dauerte ihre Ehe schon. Darauf waren sie stolz und wollten es feiern in der Kirche. Kann ich verstehen. Der Vertrag ist fast erfüllt. Die Liebe war längst erloschen. Sie hatten sich nichts mehr zu sagen. Die Anzahl der Jahre könnte weniger wichtig sein, als wir glauben wollen.
Aufgepasst
Beschwere ich mich über kreischende Kinder im Café,
bin ich kinderfeindlich.
Weise ich hin auf einen Unterschied zwischen Mann und Frau,
bin ich ein Gegner der Gleichberechtigung.
Habe ich Zweifel an einem dritten Geschlecht,
bin ich intolerant.
Kritisiere ich die Politik Israels,
bin ich ein Antisemit.
Ist mir die Gendersprache zu kalt,
bin ich frauenfeindlich.
Äußere ich Bedenken zur Aufnahme von Flüchtlingen,
bin ich ein Rechter.
Verteidige ich die Bundeswehr,
bin ich ein Friedensfeind.
Esse ich gerne ein Stück Fleisch,
bin ich ein Mörder der Tiere.
Rüge ich die Presse, ihre Art zu informieren,
bin ich ein Verächter der Pressefreiheit.
Aufgepasst, es ist die Zeit der Eiferer!
Die haben Lust am schnellen Urteil.
Keine leichte Aufgabe
Das Klima zu retten ist keine leichte Aufgabe. Es ist gewaltig eigensinnig, verändert sich unentwegt mit der Zeit, ist chaotisch und will einfach nicht bleiben, wie es ist. Alles ganz natürlich. Wer es bewahren will, steht ganz natürlich vor einer großen Aufgabe.
Ahnunglos
Wer ich bin, fragst du mich,
wer ich wirklich bin?
Keine Ahnung, sage ich dir,
wirklich keine Ahnung.
Nur so viel weiß ich sicher:
Morgen bin ich ein anderer!
Alles wollen
Wer leben will, muss auch sterben wollen. Schließlich gibt es kein Leben ohne den Tod. Wer das verstanden hat, bekennt frei und knallvergnügt: Ich will leben, ich will sterben, ich will alles, die ganze Fülle des Leben!
Naturliebe
Ich wundere mich über Menschen, die am Menschen wenig Gutes finden. Von Natur aus sei er zum Bösen geneigt, so ihre bitterernste Herzensüberzeugung. Überraschend häufig ist dieses unerfreuliche Menschenbild unter Klima- und Naturschützern zu finden, wie mir scheint. In ihrem Denkmilieu ist der Mensch der Natur feindlich gesonnen. Er ist der Zerstörer der Erde und daher böse. Die Natur hingegen steht für das Gute und Erhabene, für das Schöne und Bemitleidenswerte. Sie ist Opfer menschlicher Schandtaten und muss vor dem Menschen geschützt werden.
Mit Vergnügen ließe sich darüber plaudern, ob ein Vulkanausbruch, ein Kometeneinschlag oder ein tödliches Virus,- zweifellos Ereignisse natürlicher Art – nicht Schandtaten der Natur am Menschen sind und ob die Bedrohung des Menschen durch die Natur nicht größer ist als umgekehrt. Auch ist die Trennung zwischen Natur und Mensch keineswegs eine alternativlose Idee, selbst wenn sie in unserem westlichen Kulturkreis als solche gilt. Der Mensch könnte auch Natur sein und die Natur Mensch. Das wäre ganzheitlich gedacht jenseits von Subjekt und Objekt. Aber so muss man nicht denken. Warum ich mich wundere über Menschen, die am Menschen wenig Gutes finden? Nun ja, ich frage mich, wie man sich selbst noch lieben kann als Mensch. Selbstbestrafung oder gar Selbstzerstörung wäre konsequent – der Natur zuliebe.