Den richtigen Weg zu gehen, bewahrt nicht vor Leid. Zu leiden bedeutet nicht auf dem richtigen Weg zu sein.
Er will nicht
Wer nicht weiß, was er will, der will nichts. Wer nichts will, will nicht leben.
Zeichen
Jeder von uns muss Entscheidungen treffen. Zwei Wege stehen zur Wahl. Welchen soll ich gehen? Eine Möglichkeit wäre, auf ein Zeichen zu hoffen, auf einen Hinweis am Wegesrand, der mich sicher macht in meiner Entscheidung und der Richtung meines Lebens Eindeutigkeit gibt. Geben soll es sie, diese Zeichen. Nicht wenige Menschen erzählen davon, nicht wenige Menschen lassen sich von ihnen führen. Eine Begegnung, ein Wort, ein Erlebnis, ein Traum, all das kann zum Zeichen werden für einen nach Führung Suchenden. Ein Zeichen hat Autorität. Es gewinnt Macht über einen Menschen. Ein Zeichen hat die Aura des Göttlichen. Es überwältigt und lässt nicht wirklich eine Wahl. Keine Unsicherheit mehr, keine Angst mehr, das Falsche zu tun. Die Entscheidung ist gefallen, die Verantwortung abgegeben.
So kann man leben, entscheiden und seine Wege gehen. Muss man aber nicht. Warum nicht was Neues probieren? Die Angst vor einer falschen Entscheidung könnte teuflisch übertrieben sein. Das Leben ist so viel und kennt so viele Wege. Es ist verdächtig uneindeutig. Womöglich gibt es keine falschen Wege. Wir wären gnadenlos frei. Das hätte seinen Preis: Verantwortung. Auch das kann man glauben. Muss man aber nicht. Bloß nicht erstarren im Glauben. Er könnte verlorengehen, nein, sich verändern. Wäre das schlimm?
Versöhnung
„Ich glaube fest daran, dass alles, was uns geschieht, auch sein Gutes hat. Sogar der Holocaust?, fragen sie mich oft. Ich antworte mit Ja, obwohl ich weiß, wie furchtbar das klingt. Aber gäbe es ohne den Holocaust den Staat Israel? Wäre Deutschland ohne den Holocaust dasselbe Land, das es heute ist?“ (Irena Polkowska-Rutenberg – Überlebende des Warschauer Aufstands)
Es braucht einen weiten Blick über die Zeit, um sich mit schlimmen Leben zu versöhnen. Die Ansichten von Schuld und Unschuld, von Täter und Opfer, von Gut und Böse sind wahrscheinlich zu eng um Frieden zu finden. Wer den weiten Blick wagt, wird Merkwürdiges entdecken: Aus dem Bösen wird bisweilen etwas Gutes und aus dem Guten wird unvermutet Schlechtes. Zugegeben, das ist umständlich, aber so ist das mit dem Leben und wir sind taumelnd mittendrin. Ein anderes haben wir nicht. Wer nicht aufreibender leben möchte als nötig, sollte sich üben im weiten Blick über die Zeit. Das kann helfen Frieden zu finden in einer umständlichen Welt. Über die Grenzen des einen Lebens sollte der Blick schon gehen. Die Aussichten werden versöhnlicher.
Geringste Unwahrscheinlichkeit
Reinkarnation könnte die Idee sein mit der geringsten Unwahrscheinlichkeit. Könnte. Doch mit dem Glauben ist es so: Er lässt sich wenig beeindrucken von Wahrscheinlichkeiten.
Naturliebe
Ich wundere mich über Menschen, die am Menschen wenig Gutes finden. Von Natur aus sei er zum Bösen geneigt, so ihre bitterernste Herzensüberzeugung. Überraschend häufig ist dieses unerfreuliche Menschenbild unter Klima- und Naturschützern zu finden, wie mir scheint. In ihrem Denkmilieu ist der Mensch der Natur feindlich gesonnen. Er ist der Zerstörer der Erde und daher böse. Die Natur hingegen steht für das Gute und Erhabene, für das Schöne und Bemitleidenswerte. Sie ist Opfer menschlicher Schandtaten und muss vor dem Menschen geschützt werden.
Mit Vergnügen ließe sich darüber plaudern, ob ein Vulkanausbruch, ein Kometeneinschlag oder ein tödliches Virus,- zweifellos Ereignisse natürlicher Art – nicht Schandtaten der Natur am Menschen sind und ob die Bedrohung des Menschen durch die Natur nicht größer ist als umgekehrt. Auch ist die Trennung zwischen Natur und Mensch keineswegs eine alternativlose Idee, selbst wenn sie in unserem westlichen Kulturkreis als solche gilt. Der Mensch könnte auch Natur sein und die Natur Mensch. Das wäre ganzheitlich gedacht jenseits von Subjekt und Objekt. Aber so muss man nicht denken. Warum ich mich wundere über Menschen, die am Menschen wenig Gutes finden? Nun ja, ich frage mich, wie man sich selbst noch lieben kann als Mensch. Selbstbestrafung oder gar Selbstzerstörung wäre konsequent – der Natur zuliebe.