Für die Bewohner der Erde ist eines knall sicher: Leben auf der Sonne gibt es nicht! Viel zu heiß dort!
Gäbe es Bewohner der Sonne, wäre es ihnen eine drollige Idee, Leben auf der Erde zu vermuten: Viel zu kalt dort!
Immer das Gleiche: Wer sich selbst zum Maß aller Dinge macht, setzt dem Denkbaren enge Grenzen. Sich in Bescheidenheit üben, heißt maßlos zu werden.
Texte
Versöhnung
„Ich glaube fest daran, dass alles, was uns geschieht, auch sein Gutes hat. Sogar der Holocaust?, fragen sie mich oft. Ich antworte mit Ja, obwohl ich weiß, wie furchtbar das klingt. Aber gäbe es ohne den Holocaust den Staat Israel? Wäre Deutschland ohne den Holocaust dasselbe Land, das es heute ist?” (Irena Polkowska-Rutenberg – Überlebende des Warschauer Aufstands)
Es braucht einen weiten Blick über die Zeit, um sich mit schlimmen Leben zu versöhnen. Die Ansichten von Schuld und Unschuld, von Täter und Opfer, von Gut und Böse sind wahrscheinlich zu eng um Frieden zu finden. Wer den weiten Blick wagt, wird Merkwürdiges entdecken: Aus dem Bösen wird bisweilen etwas Gutes und aus dem Guten wird unvermutet Schlechtes. Zugegeben, das ist umständlich, aber so ist das mit dem Leben und wir sind taumelnd mittendrin. Ein anderes haben wir nicht. Wer nicht aufreibender leben möchte als nötig, sollte sich üben im weiten Blick über die Zeit. Das kann helfen Frieden zu finden in einer umständlichen Welt. Über die Grenzen des einen Lebens sollte der Blick schon gehen. Die Aussichten werden versöhnlicher.
Geringste Unwahrscheinlichkeit
Reinkarnation könnte die Idee sein mit der geringsten Unwahrscheinlichkeit. Könnte. Doch mit dem Glauben ist es so: Er lässt sich wenig beeindrucken von Wahrscheinlichkeiten.
Zeichen
Jeder von uns muss Entscheidungen treffen. Zwei Wege stehen zur Wahl. Welchen soll ich gehen? Eine Möglichkeit wäre, auf ein Zeichen zu hoffen, auf einen Hinweis am Wegesrand, der mich sicher macht in meiner Entscheidung und der Richtung meines Lebens Eindeutigkeit gibt. Geben soll es sie, diese Zeichen. Nicht wenige Menschen erzählen davon, nicht wenige Menschen lassen sich von ihnen führen. Eine Begegnung, ein Wort, ein Erlebnis, ein Traum, all das kann zum Zeichen werden für einen nach Führung Suchenden. Ein Zeichen hat Autorität. Es gewinnt Macht über einen Menschen. Ein Zeichen hat die Aura des Göttlichen. Es überwältigt und lässt nicht wirklich eine Wahl. Keine Unsicherheit mehr, keine Angst mehr, das Falsche zu tun. Die Entscheidung ist gefallen, die Verantwortung abgegeben.
So kann man leben, entscheiden und seine Wege gehen. Muss man aber nicht. Warum nicht was Neues probieren? Die Angst vor einer falschen Entscheidung könnte teuflisch übertrieben sein. Das Leben ist so viel und kennt so viele Wege. Es ist verdächtig uneindeutig. Womöglich gibt es keine falschen Wege. Wir wären gnadenlos frei. Das hätte seinen Preis: Verantwortung. Auch das kann man glauben. Muss man aber nicht. Bloß nicht erstarren im Glauben. Er könnte verlorengehen, nein, sich verändern. Wäre das schlimm?
Er will nicht
Wer nicht weiß, was er will, der will nichts. Wer nichts will, will nicht leben.
Engagierte Menschen
Es gibt Menschen, die haben eine Höllenangst vor Kritik. Um dem quälenden Tadel zu entgehen, wenden sie einen Trick an. Sie tun viel Gutes, engagieren sich über die Maßen, sind hilfreich, bieten schnell das Du an, machen sich unentbehrlich und verlangen scheinbar wenig dafür. Von so viel Selbstlosigkeit moralisch in die Enge getrieben, verbleibt Mitmenschen nur die Wahl mit Dankbarkeit, Lob und Hochachtung zu reagieren. Regt sich nach langer Zeit doch einmal Kritik im trauten Kreis ohne ihn, heißt es schnell von seinen Ergebenen: Aber er macht doch so viel! Wird er direkt angegangen, reagiert er gekränkt, auch mit Zorn und droht damit sich zurückzuziehen. Liebesentzug ist ein Mittel der Macht für ihn. Das weiß er aber nicht. Zuhause im Stillen spürt er heftigen Schmerz: Warum lieben sie mich nicht? Ich mach doch so viel!